Die Natur hat den Bogen raus
Mit
Rechnerunterstützten Verfahren gehen Physiker an die
Materie heran wie die Natur selbst. Ausgehend von Kerblasten werden
Werkstücke
für die Praxis optimiert.
Zumindest
können wir im 3-dimensionalen Bild der Modelle
große Ähnlichkeit mit den Formen in der Natur erkennen.
Damit gelingt
es der
modernen Computerunterstützten Physik was Pflanzen und Tiere mit
links
machen,
sie wachsen nämlich adaptiv, d.h. jeder Wachstumsschub
gründet in einer
Notwendigkeit. Das Ziel ist immer das Gleiche, nämlich
überleben durch
Anpassung in weiteren Sinne.
Verschiedenste
Anpassungen führen zum immer gleichen
Zielen. Im Falle vom
Bogenast von K. Binder
hat die Natur der Schwerkraft ein Schnippchen geschlagen, Durch
Verstärkung von
Fasern ist dieser Ast, der ursprünglich ein Seitenast war
aufgerichtet
worden,
vielmehr haben Wachstumspunkte an der
richtigen Stelle Impulse
empfangen.
Sowas
ändert die Biografie des Lebewesens,
es ergibt sich
ein völlig neues Szenario.
Ein solches Szenario
könnte heißen „der König ist tot“.
Weil bei vielen Baumarten der
Leitast eine
außerordentlich wichtige Rolle spielt kommt diese Änderung
einer
Revolution
gleich,
Der
Leitast, hier „König“, produziert nämlich
unter anderem Auxine, das sind
Pflanzenhormone, um untergeordnete
Äste zu Fruchtbildung und andere Schwerarbeit an zu setzen, der
Leitast
selbst
ist nur Signalgeber und Herrscher über den Gesamtorganismus, das
Ergebnis
dieser Signale in Kombination mit den äußeren Umständen
formt die
Gesamtgestalt
des Baumes.
Stirbt
dieser Leitast nunmehr, ist es aus mit der
Monarchie.
Ein
wildes aber verhältnismäßig kurzfristiges Chaos bricht
aus und alle
Untertanen
(Seitenäste) trachten nach dem Thron, allerdings kann es i.d.R.
nur
einem
gelingen die vornehme Aufgabe zu übernehmen. Im Ausnahmefall
spricht
man von
Konkurrenztrieb oder im Ergebnis vom Zwiesel.
Derjenige der es schafft
über den
Rest hinaus zu ragen wird also neuer König und fängt
unvermittelt damit
Auxine
zu produzieren.
Alles
läuft also nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten ab,
zumindest interpretiert man Gesetzmäßigkeit hinein, damit
die Dinge
erklärbar
bleiben. Modelle sind eben leichter zu schlucken als eine komplexe
Wirklichkeit
die wir sowieso nur sehr stümperhaft verstehen.
Man
könnte die Sache vereinfacht darstellen und einen
einzigen komplizierten Begriff formulieren: auf diese Weise
kommuniziert der
Baum, die Pflanze, der Organismus, mit seiner Umgebung und passt sich
automatisch den Gegebenheiten an. Egal was von ihm verlangt wird, es
klappt,
zumindest in den Grenzen der Verfügbaren Ressourcen und der
Physikalischen
Gesetze.
Genau
das, und jetzt wird es etwas philosophisch, nennen wir
Überlebenskunst.
Also
bringen wir zum Ausdruck, dass Kunst etwas mit diesem
Leben zu tun hat. Die mathematische Herangehensweise bestätigt es
uns
und was
wir als schön empfinden,
-
zumindest für das
Wilde oder das geschulte Auge nicht für das indoktrinierte
angelernte
Auge
- funktioniert auf wunderbare Weise in
der Natur ebenso. Ich will jetzt niemand nerven mit Fibonacci oder mit
dem
Goldenen Schnitt aber genau hier geben sich Kunst und Natur die Hand.
Auch
unsere Umgebung verlangt unablässig von uns dass wir uns unserer
Umgebung
anpassen. Die Fähigkeit zu dieser speziellen Anpassung nennt man
Kunstsinnigkeit. Diese hat etwas mit der
Fähigkeit zu tun Kunst auch herzustellen. Aber das ist egal denn
die
Schönheit
, bzw. die Empfindung ob etwas schön oder Kunst ist, liegt im Auge
des
Betrachters.
In
weitem Bogen kommen wir zurück zum gebogenen Ast und zur
archaischen Idee des K. Binder eine Ausstellung rundum diesen zu
machen. Wir
besinnen uns darauf, dass in der Natur schöne Dinge funktionieren
aber
wir
fokussieren auf einen einzelnen Ast.
Wir
werden also in diesem Punkt indoktriniert, und werden
herauf- oder herabgestuft zum Aktionskünstler. Wir erhalten die
Fähigkeit das
Zufällige als heilig zu sehen. Der einzelne Augenblick, die
Spannung
des
Bogens, der Geruch in der Luft und der Nachhall im Raum werden
hochgehoben zu
Kunst.
Wir
scharen uns um ein Fundstück und singen, schreiben,
tanzen, dichten, malen und zeichnen, wir fotografieren und filmen und
in all
unseren Darstellungen steht der Ast im Mittelpunkt. Wir degradieren uns
zu
wahrnehmenden Künstlern, wir agieren im Schein, wir schaffen die
Kopie,
wir
fertigen den Abklatsch eines Astes der zugegeben mit einer gewissen
Spannung
versehen ist und dabei vergehen wir uns an uns selbst. Wir
konzentrieren uns
auf einen Bruchteil einer Wirklichkeit die Uns in gewissem Sinne, zu
dem macht
was wir sind und blenden alles aus, bis auf diesen einen, mehr oder
weniger
gelungenen Ast, dieses zufällige Fundstück von K. Binder.
Diese
Groteske, dieser Singsang, grenzt an Verherrlichung,
ob nun für K. Binder oder diesen Ast, hier werden Fahnen geeicht,
hier
wird
eine Religion begründet, wir beten den Krummen Ast an wie das
Kreuz,
vergessen
aber, dass Jesus daran gestorben ist, wir knien uns in seinem Schatten,
wir
heucheln uns selbst etwas vor. Das meine lieben Freunde ist eine Farce,
eine
Farce die in Großartigkeit kaum zu übertreffen ist oder wir
stehen in
Entzückung vor einem Wunder der Natur, ein Wunder das in
verschiedenen
Ebenen
in verschiedenen Maßstäben, in verschiedenen Medien
alltäglich
wiederholt.
Es
ist die Kurve im Fluss, die Biegung der Wolke, die Rundung de Steins,
die
Krümmung in einer Ader vor der Stirn, die Spannung in einem
Muskel, die
Arabeske im Flug einer Mehlschwalbe, der Schwung des Herbstblattes, die
Biegung
eines Astes….
Ja,
alle sind gleich bedeutungsvoll, alle sind gleich
bedeutungslos.
Darum
braust in mir ein mündiger Prozess auf, ich
protestiere, und just in dem ich protestiere werde ich Opfer dieser
einen
Gesetzmäßigkeit die da besagt dass wir Lebewesen uns
anpassen an
unserer
Umgebung, just hier kreuzigen wir Jesus, just hier verlieren wir den
Überblick
und werden zu Gefolgsleuten die Fahnen mit unheilvollen Symbolen
schwingen oder
zu Gegnern, die den Fahnenschwingern den berühmten Stein des
Anstoßes
an die
Rübe werfen..
Ich
halte, und das ist mein Schlusssatz, Aktionskunst für
degeneriert und weil es ohne Degeneration keine Weiterentwicklung im
eigentlichen Sinne geben kann, ist sie wertvoll.
Marc
Bellfroid im
September 09
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