Foto:Piz König
29.09.
- 08.10.2006
Regionalnachrichten
aus der WZ
Fisch am Stil oder die
Freiheit des Geistes
Vom 04.10.2006
Wie man es auch dreht und wendet, streng genommen ergibt es keinen
Sinn.
"Fisch am Stil": Das lässt sich als zweifelhaftes kulinarisches
Vergnügen mit fehlendem Vokal interpretieren, oder es müsste eigentlich
"mit Stiel" heißen.
Was allerdings nicht weniger viele Fragen aufwirft.
Von Yasmin Hameed
Eben deshalb nimmt man den
Titel also besser so,
wie er ist. Und macht sich ein eigenes Bild von der Ausstellung
in der Galerie Schauraum, wo sich zurzeit 25 Künstler auf das
kuriose Sprachspiel eingelassen haben und dabei zum Wesen
der Kunst ihre höchst originellen Ideen zu "Fisch am Stil"
präsentieren.
Was so lustig klingt, ist eigentlich eine ernste Sache, die so ganz
ernst
dann aber doch nicht gehandelt wird: Geht es doch um nichts weniger
als die Freiheit der Kunst und die Kunst der Freiheit bei der großen
Gemeinschaftsausstellung, die zugleich einen Wormser Beitrag
zur großen Themenkampagne der Kulturregion
Frankfurt RheinMain darstellt.
Die steht nämlich ihrerseits unter dem Motto "Geist der Freiheit -
Freiheit
des Geistes" und ist damit thematisch bewusst offen gehalten.
Freiheit ist jedoch im Schauraum nicht nur das Thema,
sondern auch das allein gültige Ausstellungsprinzip.
Weshalb es auch nicht weiter verwunderlich ist, dass zumindest
formal der Fisch als zentrales Motiv den kleinsten gemeinsamen Nenner
bildet - und sonst nichts. Malerei, Fotos, Zeichnungen, Skizzen,
Installationen und Objekte, die Arbeiten der 25 Künstler könnten
unterschiedlicher wohl kaum sein. Einträchtig versammelt
sind prophetische Fischstäbchen aus dem "Frisch-Fisch-Orakel",
Fisch-Lyrik auf
Geschmacksträgern und militante
Hechte.
Kafkaeske
Totenklagen im Guckkasten hängen neben Aufnahmen
einer selbstgebauten Fischaugenkamera,
eine "stillose" Hommage an die jungen Wilden neben der "stilvollen"
Fotomontage eines Fisches
im Höhenflug.
Keine Idee ist zu verrückt, kein Kunstbegriff zu weit,
um hier nicht seine Berechtigung zu fordern.
Das macht die Ausstellung
erfrischend lebendig und unterstreicht
die Bedeutung des Schauraums als künstlerischen Freiraum
im eigentlichen Wortsinn, wie ihn auch Michael Mahla
verstanden wissen möchte:
Als "Ort für Experimente in allen Kunstformen" kann der Schauraum
"Nicht-Marktgängiges und neue künstlerische Entwicklungen fördern,
da er unabhängig von wirtschaftlichen Interessen ist".
Das ist alles andere als selbstverständlich,
denn wenn die "Silberfischchen" am Rad eine
"Ode an die Freiheit" singen
und sich dabei doch nur im Kreis drehen, bringt das auch
den kritischen Charakter der Ausstellung auf den Punkt: "Kunst wird",
resümiert Mahla, "immer um ihre Freiheit ringen,
um die Freiheit des Schöpferischen vor den Zwängen der Märkte,
um die Freiheit des Ausdrucks vor den Zwängen des Budgets
und um die Freiheit des Wortes vor dem Geist der Zeit."